FLUCHT / 2022-2023
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Tamara C., 79
Jahre, aus Sokirjany, Rayon Czernowitz / Ukraine Stolniceni /
Moldau 2022
Im Krieg bin ich geboren, im Krieg
werde ich sterben. Mein Sohn hat in der sowjetischen Armee in
Sewastopol bei der U-Boot-Flotte gedient. Er wohnt in der
Ukraine. Jetzt bekämpfen ihn seine eigenen Leute.
Natascha J., 36 Jahre, mit ihren Kindern Aurica ,13 Jahre; Timur, 10
Jahre; Beata 7 Jahre; Mark, 4 Jahre und ihrer Schwägerin Marina
K., 24 Jahre mit deren Sohn Bogdan, 5 Jahre, aus Winnyzja / Ukraine
Flüchtlingsunterkunft in Dondușeni, Moldau 10/2022
Unsere Einstellung zur russischen Welt hat sich verändert
aber zur Sprache nicht. Diese Welt ist jetzt die Welt des
Aggressors. In Russland habe ich Verwandte. Wie kann man gegen seine
Verwandten kämpfen?
Olga M., 33 Jahre, mit ihrem Ehemann Nazarij, 33 Jahre, und
Tochter Anastasia, 12 Jahre, aus Bukatynka /Ukraine Unguri,
Moldau 10/2022
Ich hatte Pläne, ich hatte meine
Vorstellungen und Ideen, wollte mich entwickeln. Aber jetzt lebe
ich in der Schwebe. Ich weiß nicht, was ich jetzt machen kann.
Die Menschen haben keine Träume mehr. Die Ideen und Träume sind
verloren. Wir leben nur im Heute. Ich bin 39 Jahre alt und fühle
mich so, als ob mein Leben schon beendet ist.
Ekaterina N., 36 Jahre mit ihren Kindern Yuliana, 9 Jahre, und
Miroslav, 2 Jahre, aus Odessa / Ukraine Otaci, Moldau 10/2022
In der Nähe von unserer Wohnung gab es einen kleinen
Platz, auf dem ein Blumenmarkt war. Dorthin sind die Raketen
gefallen. Das war mitten am Tag. Überall lagen getötete Menschen und
Blumen. Eine Verkäuferin kannten wir. Wir hatten ihr immer einen
guten Tag gewünscht.
Natalja K., 39 Jahre, mit ihrer Tochter Sofia Ivleva, 10 Jahre, aus
Winnyzja / Ukraine Flüchtlingsunterkunft in Dondușeni, Moldau
10/2022
Es dauert schon viel zu lange. Sie haben
uns aus unseren Häusern gejagt. Keiner kann sagen, was kommt. Es
ist sehr schwer, ständig in Angst zu leben. Es ist wie eine
Wunde. Jedes Mal wenn das Handy klingelt, kommt diese Angst.
Natalja M., 34 Jahre, mit ihren Kindern Anastasia, 10 Jahre;
Angelina, 9 Jahre; und Diana, 3 Jahre, aus Winnyzja / Ukraine
Flüchtlingsunterkunft in Dondușeni, Moldau 10/2022
In den ersten 2 Wochen lebten wir im Luftschutzkeller. Ich hatte
am 6. März Geburtstag und meine Nachbarn haben einen Tisch
gedeckt und einen Kuchen gebacken. Ich habe mein Jubiläum im
Keller verbracht.
Snezhana S., 28 Jahre mit ihren Kindern aus Charkiw / Ukraine
Roma-Zentrum der Evangelisten, Edineț, Moldau 10/2022
Manche meiner Freunde sind auch weg, manche geblieben. Zuerst
sind diejenigen gegangen, die sich ein Leben woanders leisten
können. Aber nicht alle haben so viel Geld und es ist mit Kindern
nicht einfach, in ein anders Land zu fahren. Ich bin in der
Familie der einzige geblieben, der Geld verdient. Früher haben alle
gearbeitet.
Swetlana S., 30 Jahre, mit ihrem Partner Denis M., 36 Jahre, und
ihren Söhnen Nikita, 9 Jahre und Semjon, 6 Jahre, aus Melitopol
/ Ukraine Flüchtlingsunterkunft in Tiflis, Georgien 4/2023
Unsere Wohnung ist jetzt zerstört, fensterlos, keine
Türen, nur die Außenwände stehen noch. Überall sind Risse in den
Wänden. Als das passierte, war ich zu Hause. Nun lebt niemand mehr
dort.
Ludmilla K.,23 Jahre, aus Kiew / Ukraine Călărășeuca, Moldau
10/2022
Mein Mann ist Oberstleutnant. Er und
seine Kollegen wurden am 22.2.2022 gewarnt, dass etwas kommt. Am
23. Februar sind wir losgefahren, 1200 Kilometer nach Winnyzja. Dort
sind wir 2 Tage geblieben, dann weiter nach Mogilov-Podolski an
die Grenze, dort haben wir Verwandtschaft. Mein Mann ist in
Kramatorsk stationiert und oft an der Frontlinie bei Slaviansk.
Die Fotos die er schickt sind schrecklich.
Julia B., 39 Jahre, mit ihrem Sohn Sewa, 6 Jahre, aus Kherson /
Ukraine Batumi, Georgien 3/2023
Seit 2014
ist es unruhig. Heute musste ein 21-jähriger Soldat tod nach Mogilov
gebracht werden. Viele andere sind verschollen. Ich habe in
Mariupol am Hafen gedient und einen Militärstützpunkt bewacht.
Ich kenne die Leute, die da waren, die sich im Asowstal versteckt
haben. Eine fremde alte Frau schenkte mir einmal Piroggen, Eier
und Tomaten. Die Soldaten hatten so eine Vorahnung und warnten
mich, es nicht zu essen. Wir haben es einem Hund gegeben. Der Hund
ist gestorben. Er hatte weißen Schaum vor dem Mund.
Aljona W., 46 Jahre, mit ihrer Tochter Warwara, 15 Jahre, aus St.
Petersburg / Russland Tiflis, Georgien 4/2023
Die Hälfte der Bevölkerung von Mariupol ist pro-russisch, die
andere pro-ukrainisch. Ich hatte schon vor Kriegsbeginn Angst,
in der ukrainischen Uniform durch die Stadt zu gehen. Es gibt
dort viele Alkoholiker, auch junge Menschen. Es ist wie eine
sowjetische Stadt. Es gibt dort nichts.
Sergej K., 36 Jahre, mit seiner Partnerin Natalia P., 36 Jahre, aus
Moskau / Russland Tiflis, Georgien 4/2023
Gestern versuchten wir vergeblich in Palanca warme Kleidung für
Viktoria zu finden. Viktoria ist so blass im Gesicht. Früher hat
sie oft als Modell gearbeitet, in Kiew oder Odessa. Hat einen
Englischkurs belegt. Ich bin krank, wenn mir was passiert, ist meine
Enkelin allein.
Pawel A., 32 Jahre und Alexandra G., 30 Jahre, aus Moskau / Russland
Tiflis, Georgien 3/2023
Wir dachten nicht,
solange in Moldau bleiben zu müssen. Im Sommer wohnten wir im
verlassenen Elternhaus meines Schwiegersohns. Nun wird es
Winter. Der Ofen ist kaputt und überall Mäuse. In Dnipro haben wir
eine Dreizimmerwohnung in einem Block, die Schränke voll mit
warmer Kleidung. Meine Tochter und ihr Mann sind dort geblieben,
sonst wird ihnen gekündigt. Sie müssen Geld verdienen.
Valentina S., 69 Jahre, mit ihrer Enkelin Viktoria R., 13 Jahre, aus
Dnipro / Ukraine Tudora, Moldau 10/2022
Wir
haben eine Luftalarm-App auf dem Handy. Gestern Nacht war wieder
Alarm. Ein Raketenangriff. Kein Strom, kein Wasser. Man muss die
Badewanne voll laufen lassen. Und meine Tochter geht nicht ans
Handy. Ständig mache ich mir Sorgen.
Sergej S., 44 Jahre, aus St. Petersburg / Russland Batumi,
Georgien 3/2023
Wenn die Russen die Ukraine nicht
militärisch besiegen können, dann machen sie die Infrastruktur
kaputt. Sie wollen uns wie Kakerlaken vernichten.
Nikita A., 31 Jahre, und Michail A., 26 Jahre, aus St. Petersburg /
Russland Tiflis, Georgien 4/2023
Am 1. Juli
erlebten wir einen Raketenangriff. Zwei Raketen zerstörten ein
Sanatorium. Eine weitere traf den Nebeneingang in unserem Block.
Bis zur 5. Etage war alles zerstört. 22 Menschen sind gestorben.
Wir mussten sie ohne Kopf begraben. Die Kinder wurden nach
Deutschland gebracht.
Julia M., 37 Jahre, mit ihrem Mann Dmitri M., 45 Jahre, und ihren
Kindern Maria, 15 Jahre, und Svajtoslav, 6 Jahre, aus Nowa
Kachowka / Ukraine Flüchtlingsunterkunft in Tiflis, Georgien
3/2023
Wir lebten in einem guten Haus, 9 Etagen, Ärzte
und Lehrer haben dort gewohnt. Es wurde nach tschechischem
Vorbild in der Sowjetunion gebaut. Im Umfeld war alles Grün. Von
einem Augenblick auf den anderen war davon nichts mehr übrig und
uns wurde uns klar, dass wir weggehen müssen. Wir haben uns ins Auto
gesetzt und sind nach Moldau gefahren.
Walentina J., 31 Jahre, mit ihrem Mann Jegor J., 34 Jahre und ihren
Kindern Iwan, 7 Jahre, und Nikita, 2 Jahre, aus Wolgograd /
Russland Tiflis, Georgien 4/2023
Mein Mann
war in Sicherheit, in England, als Schiffskoch auf See. Ich aber
blieb in Odessa. Jede Nacht schlief ich mit aller Kleidung. Ich
hatte sogar Angst unter die Dusche zu gehen und die Kinder
allein zu lassen. Dann steht man unter der Dusche und die Rakete
kommt.
Inna N., 55 Jahre, aus dem Oblast Kherson / Ukraine
Batumi,
Georgien 3/2023
Wir wohnten gleich am Meer, wo die
Schiffe stehen. Wir haben Sehnsucht nach dem Meer. Am 24 2. sind
wir losgefahren, am 25.2. angekommen. An der Grenze haben wir lange
gestanden. Schon vor dem Krieg haben wir auf gepackten Koffern
gesessen mit den wichtigsten Sachen. Es gab viele Gespräche ob
es Krieg gibt, das hatte eine fast hypnotische Wirkung aber trotzdem
haben wir nicht daran geglaubt.
Oleksandra O., 39 Jahre, aus Charkiw / Ukraine Batumi, Georgien
3/2023
In Ştefan Vodă saßen wir in einem Café,
müde, und wussten nicht wohin. Uns wurde im Café ein Haus in
Volintiri angeboten, einfach so. Uns war kalt, es war Februar, mein
Enkelsohn hatte große Angst und schon eine Woche nicht mehr
gesprochen. Wir sind geblieben. Später ist meine Tochter mit Ihrer
Familie weitern nach Westeuropa gefahren. Ihr Sohn ist in
Deutschland geboren.
Jan
S., 50 Jahre, aus Moskau / Russland Eriwan, Armenien 4/2023
Ich wurde an einem Checkpoint angehalten. 2 Russen und
ein Tschetschene haben mich aus dem Bus geholt. Auf meinem Handy
waren ukrainische Symbole. Sie sagten, dass ukrainische Symbole
verboten sind und dass wir ihre Untertanen sind und dass sie mich 15
Jahre ins Gefängnis stecken. Ich wollte mein Handy zurück, um
meinen Sohn anzurufen. Der Tschetschene fragte mich, wie alt mein
Sohn ist. Ich begann zu weinen: 14 Jahre. Er sagte: Vergiss, dass du
einen Sohn hast, er braucht jetzt keine Mutter mehr. Wir nehmen sie
mit, wir haben 20 hungrige Soldaten. Man muss ihr nichts mehr
erklären, sie ist schon unser. Ich hatte Geld dabei und habe
ihnen alles gegeben und meinen Goldschmuck, ein Kreuz, meinen
Ehering, Ohrringe und ein Armband. Dann ließen sie mich gehen und
riefen noch hinterher: In zwei Wochen holen wir dich. Am nächsten
Tag bin ich mit meinem Sohn geflohen.
Evgenij Murawchenkov, 49 Jahre, mit seiner Frau Nina, 45 Jahre, und
ihren Kindern Timur, 12 Jahre und Aljona, 5 Jahre aus Mariupol /
Ukraine Flüchtlingsunterkunft in Tiflis, Georgien 4/2023
Ich erinnere mich, als wir nach Rostow kamen, standen meine
Mutter und ich da und schauten uns um. Ich sagte: Mama, schau mal,
da sind überall Fenster. Denn in Mariupol gibt es kein einziges
Haus, in dem die Fenster intakt sind.
Alexander S., 34 Jahre, aus Jekaterinburg / Russland
Tiflis,
Georgien 4/2023
Sie brachten mich auf der
Polizeistation in einen separaten Raum. Und dann kam tatsächlich
einer der berüchtigtsten Typen aus dem Zentrum E* , Alexey Okopny.
Sie begannen mich zu schlagen. Sie schlugen mir auf den Kopf. Das
machen sie so, sie nehmen die Hände so, damit es keine Spuren gibt.
Sie schlugen mich so und auch mit ihre Beinen. Der schlimmste Moment
war, als er sagte, er habe keine Zeit mehr, eine Waffe zog, sie mir
ans Bein hielt und sagte: Wenn du nicht redest, gehörst du zu den
Kriegsverlusten und wir töten dich. Es war schlimm, der Krieg hatte
ja schon begonnen. Ich hatte noch nie von solchen Geschichten
gehört, ich dachte, ich könnte eines der ersten Opfer sein.
*Mitarbeiter der Hauptdirektion für Extremismusbekämpfung des
russischen Innenministeriums
Marijka P., 36 Jahre, und Ilja P., 40 Jahre, aus Moskau / Russland
Eriwan, Armenien 4/2023
Unmittelbar nach Kriegsbeginn
gab es in Moskau eine Faschingsfeier, es war ein schreckliches
Gefühl, ich werde es nie vergessen, es war einfach surreal, wie wenn
man zu einer Beerdigung geht. Die Welt ist untergegangen, das Leben
ist zusammengebrochen, Menschen sterben, man fühlt Scham, Schuld,
Schmerz, Not, und die Leute feiern in dem Moment Fasching. Ein
Gefühl, überall eine Fremde zu sein, ein Gefühl, nirgendwo sicher
zu sein, dass die Welt in dir und um dich herum gestorben ist…
Anton M., 32 Jahre, und Nina A., 37 Jahre, aus Jekaterinburg und
Tjumen / Russland Tiflis, Georgien 4/2023
Aus der
Garderobe meiner früheren Schule, in der es keine Fenster gab, haben
sie einen Folterraum gemacht… Kinderzeichnungen mit gelben und
blauen Symbolen und alle ukrainischen Bücher wurden verbrannt. Du
darfst nicht einmal ein Wort auf Ukrainisch sagen, sonst ziehen sie
dir einen Sack über den Kopf und bringen dich weg. Ein Mädchen
ging Brot holen. Sie konnte es nicht mehr aushalten und rief einem
Soldaten zu: Du solltest dir lieber weiße Hausschuhe kaufen.* Sie
legten ihr Handschellen an und nahmen sie mit. * Dem
Verstorbenen werden im Sarg weiße Hausschuhe angezogen.
Sascha K., 33 Jahre, aus Kasan / Russland
Eriwan, Armenien 4/2023
Wenn man von morgens bis abends und nachts durch die Stadt
läuft, sieht man viele Details. Ich habe mehrmals bei der Verteilung
von Sozialhilfe für Flüchtlinge geholfen. Dort sah ich eine Familie
aus Mariupol, ein BMW, ein Sechser, ein großer Crossover, seriös,
teuer, mit Mariupol-Kennzeichen und Einschusslöchern an manchen
Stellen. Menschen, die sonst als Herren des Lebens wahrgenommen
wurden, steigen aus. Das heißt, sie haben dort gut gelebt, nun waren
sie hier - absolut graue Gesichter...
Bogdan L., 28 Jahre, aus St. Petersburg / Russland
Eriwan,
Armenien 4/2023
Selbst wenn der Krieg vorbei ist, wird
sich Russland mindestens für die nächsten 20 Jahre nicht von dem
erholen können, was es getan hat, was die russische Regierung getan
hat und immer noch tut. Ich bin sicher, dass es nicht aufhören
sondern noch schlimmer wird. Der Gedanke daran, was mit den
Soldaten, die aus dem Krieg zurückkommen und ihren Familien
geschehen wird, wie die häusliche Gewalt in den Familien zunehmen wird, lässt mich erschaudern.
Elena G., 39 Jahre, mit ihrem Sohn Luka, 6 Jahre, aus Moskau /
Russland Tiflis, Georgien 4/2023
Der Krieg kann noch
lange weitergehen und es kann zu einer Art Zusammenbruch kommen. Im
metaphorischen Sinne er schon begonnen... Es ist eher ein
Verfall als ein Zusammenbruch. Alles geht durch eine Art Trägheit
weiter und die Menschen haben das, was vor sich geht, tatsächlich
normalisiert, den Krieg normalisiert, sich selbst irgendwie in ihn
hineingebaut. Sonst wäre es ja ganz schlimm für sie. Wenn sie aus
diesem Rahmen, in den sie hineingetrieben worden sind, herauskommen,
wird es nicht lustig sein.
Maksim J, 43 Jahre mit seinem Sohn Rodion, 8 Jahre, aus St.
Petersburg / Russland Tiflis, Georgien 4/2023
In
vielen Häusern sind jetzt Russen, auch im Haus meines älteren
Bruders. Sie sind dort vor ein paar Monaten eingezogen. Zuerst haben
sie die Türen einmal aufgebrochen, etwas später haben sie die Türen
ein zweites Mal aufgebrochen und haben dort gewohnt, haben einfach
dort gewohnt. Er ist mit seiner Frau weggegangen, er ist jetzt in
Frankreich, und er sagt: "Na, was kann ich tun? Es gibt nichts, was
ich tun kann.
Alexander T., 24 Jahre, aus Moskau / Russland
Eriwan, Armenien
4/2023
Ich glaube, dass die Menschen, die in Russland
geblieben sind und ihre Arbeit für die Menschenrechte fortsetzen,
praktisch Helden sind. Aber der Staat ist so repressiv, dass es
nicht klar ist, wie lange die Aktivitäten in Russland fortgesetzt
werden können. Denn diese Möglichkeiten werden immer geringer oder
verschließen sich ganz. Und wenn ich mir die neuen repressiven
Gesetze ansehe, dann schmerzt mich vor allem, dass man, wenn dieses
Regime zusammenbricht, alles wieder aufbauen muss. Und es wird viele
Jahre dauern, vielleicht Dutzende von Jahren. Es sind die
verlorenen Leben, die verlorene Zeit unseres Lebens.
Igor T., 50 Jahre, aus Moskau / Russland Batumi, Georgien
3/2023
Die Panzer fuhren zuerst zum
Wasserkraftwerk, Kakhovska HPP und auch durch die Stadt, schon
am ersten Tag des Krieges. Einigen gelang es, vor den Panzer weg zu
springen, andere schafften es nicht mehr rechtzeitig, und wieder
andere waren verwirrt. Eine Familie war so verwirrt: Im Auto
saßen Großmutter und Großvater in meinem Alter, die
Schwiegertochter in dem Alter von Elena und zwei kleine Kinder: ein
Mädchen und ein eineinhalbjähriges Baby. Sie erschossen die
ganze Familie. Nur das Kind überlebte, starb aber auf dem Weg
ins Krankenhaus, das Baby, das kleine.
Maria U., 37 Jahre, mit ihrer Mutter Tatiana O., 63 Jahre, aus
Archangelsk / Russland Tiflis, Georgien 4/2023
Ich habe keine Hoffnung für, entschuldigen Sie, den surrealen
Staat namens Russland seit etwa 2002. Warum saß ich dort fest
und was habe ich dort gemacht? Das ist meine militante Idiotie, es
gibt kein anderes Wort dafür! Woher zum Teufel soll die Hoffnung
kommen! Ein Land, das in den 1930er Jahren 20 Millionen seiner
Bevölkerung auslöschte. Und das diese Tat nicht ein einziges Mal
bereut hat. Warum sollte sich plötzlich etwas im Regierungssystem
des Landes, mit einer kleinen Pause durch Gorbatschow und
Jelzin, warum sollte sich plötzlich etwas in diesem Land ändern,
dass regiert wird von den gleichen Leuten, die sich nur neu
gruppiert haben.
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